Die meisten Fohlen mit einem Nabelbruch zeigen einungestörtes Allgemeinbefinden bei guter Entwicklung. Verständlich daher die Hoffnung einiger Züchter: „Das wächst sich schon noch zurecht.“ Ganz so auf die leichte Schulter nehmen darf man einen Nabelbruch jedoch nicht. Je nach Größe und Ausprägung kann er zu einer lebensbedrohlichen Gefahr für das Fohlen werden. 

 

Der Nabelbruch beim Fohlen wird in der Fachsprache als Hernia Umbilicalis bezeichnet. Unter einer Hernie wird das Hervortreten von Eingeweideteilen aus der Bauchhöhle in eine abnorme Ausstülpung des wandständigen Bauchfells verstanden, die ihrerseits durch ein angeborenes oder erworbenes Auseinanderweichen in der Bauchwand hat vordringen können.

Bei einem Nabelbruch unterscheidet man den äußeren Bruchsack, der von Haut und Unterhaut gebildet wird, und den inneren Bruchsack, der durch das vorgestülpte Bauchfell gebildet wird. Der Nabelbruch ist beim neugeborenen Fohlen selten voll ausgebildet. Ist die Nabelpforte beim Fohlen zum Zeitpunkt der Geburt weiter als sie für den Durchtritt der Nabelgefäße und des Allantois sowie des Nabelblasenstiles nötig ist, liegt ein angeborener Nabelbruch vor.

Durch Eintrocknung und Rückbildungdieser Gefäße verschließt sich die Nabelpforte normalerweise innerhalb der ersten Lebenstage. Jegliche Störung dieses Vorganges z.B. durch eine Infektion des Nabelstranges, verhindert den bindegewebigen Verschluss der Nabelpforte, wodurch sich ein erworbener Bruch einstellen kann. Liegt ein Nabelbruch vor, fühlt man ca. zehn bis 14 Tage nach der Geburt in der Medianlinie einen Spalt, aus dem sich Haut, Bauchfell und Faszie hervorwölben. In der dritten und vierten Lebenswoche wird der Nabelbruch auch äußerlich sichtbar.

Durch die zunehmende Druckerhöhung im Bauchraum wölbt sich der eigentliche Bruch nach unten vor. Er nimmt eine halbkugelige, eiförmige oder ovale Gestalt an. Die Größe des Bruchsackes ist von der Weite des Bruchringes und von der Masse des Bruchinhaltes abhängig. Solange der Bruchinhalt nicht von der Bruchpforte eingeklemmt wird, fühlt sich der Bruch weich und elastisch an.

Das Abtasten des Bruchsackes bereitet dem Fohlen keine Schmerzen, er lässt sich durch sanften Druck problemlos in die Bauchhöhle zurückverlagern. Wird Darm in der Bruchpforte eingeklemmt, ergibt sich für das Fohlen eine lebensbedrohliche Situation. Ein eingeklemmter Bruch äußert sich durch harten Bruchinhalt, bei dem es meist nicht möglich ist, den Bruchsack in die Bauchhöhle zurück zu verlagern.

Die Fohlen zeigen ausgeprägte Schmerzhaftigkeitbeim Abtasten des Bruchsackes, weiterhin typische Kolikanzeichen, Unruhe, Wälzen mit Verharren in der Rückenlage und Schweißausbruch. Erfolgt keine umgehende chirurgische Korrektur des eingeklemmten Darmabschnitts, wird das betroffene Darmgewebe nekrotisch. Die Fohlen sterben meistens 24-36 Stunden nach Beginn der ausgeprägten Krankheitssymptomatik.

Im Allgemeinen ist die Prognose bei einem Nabelbruch günstig. Sie ist um so besser, je kleiner die Bruchpforte ist. Können nur ein bis zwei Fingerkuppen in die Bruchpforte eingeführt werden, spricht nichts dagegen, mit einer operativen Korrektur des Nabelbruches bis nach dem Absetzen zu warten. Kleinere Brüche können durchaus innerhalb der ersten sechs Lebensmonatevon alleine zuheilen. Danach ist ein spontanes Zuwachsen der Bruchpforte nicht mehr zu erwarten.

In der Vergangenheit wurde immer wieder versucht, durch scharfe Einreibungenoder Injektionen im Bereich der Bruchpforte eine Rückbildung des Nabelbruches zu erreichen. Diese Methoden sind weitestgehend abzulehnen, da sie keine Heilung erbringen, sondern durch mögliche Komplikationen die dennoch erforderlich Operationerschweren. Obwohl es nicht den Regeln der aseptischen Chirurgie entspricht, ist das Abbinden kleinerer Nabelbrüche heute noch gängige Praxis in vielen Pferdebetrieben. Das Fohlen wird hierfür mittels Kurznarkose in die Rückenlage verbracht. Der Inhalt des Bruchsackes wird in die Bauchhöhle zurückverlagert. Anschließend wird der Bruchsack mit einer Gummiligatur versorgt. Im Bereich der Abschnürung kommt es zum Absterben des Gewebes.

Während sich durch den von außen zugeführten Entzündungsreiz Bauchfell und Bauchdecke über dem Gummiring schließen, fällt der Bruchsack nach ungefähr einer Woche ab. Wird der Eingriff frühzeitig vorgenommen, ist mit einer vollständigen Abheilung normalerweise innerhalb von zehn bis 14 Tagen zu rechnen. Viele Tierärzte lehnen diesen Eingriff mittlerweile ab, da sich Komplikationen durch die Nekrose des Bruchsackes und durch Wundinfektionen ergeben können. Beim Abfallen des Gummiringes, bei bereits eingetretener Nekrose, besteht die Gefahr des Darmvorfalls. Weiterhin wird bemängelt, dass es beim Abbinden bestenfalls zu einem straffen Überdecken der Bruchpforte kommt, nicht aber zu deren Verschluss.

Von den meisten Tierärzten empfohlen wird daher die blutige operative Korrekturdes Nabelbruches. Der günstigste Zeitpunkt für die Operation des Nabels ist der 8.-10. Lebensmonat des Fohlens. Zu diesem Zeitpunkt sind die Bauchdecken entsprechend stabil, so dass die erforderlichen Nähte nicht ausreißen. Nabelbrüche, bei denen die Gefahr der Inkarzeration (Einklemmen desBruchsack-Inhaltes) besteht, müssen selbstverständlich sofort operiert werden, unabhängig vom Alter des Fohlens.

Allen gängigen chirurgischen Methoden ist gemeinsam, dass äußerer und innerer Bruchsack voneinander getrennt werden. Für die weitere Versorgung des Bruches und den Verschluss der Bruchpforte gibt es unterschiedliche Methoden, die je nach Fall und Größe der Bruchpforte gewählt werden. Nach der Operation erhalten Saugfohlen zusammen mit der Mutterstute ca. 14 Tage Boxenruhe. Fohlen, die nach dem Absetzen operiert werden, sollten in den ersten Wochen auf relativ kleinem Raum gehalten werden, um übermäßiges Springen und Herumtollen zu vermeiden. Die Fütterung muss während dieser Zeit dem verminderten Bewegungsangebot angepasstwerden.

Petra Rebhan, Pferd und Sport 2007

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