Stutenvorbereitung beim Abfohlen, Geburtshygiene, Fohlenmelder, Vorbereitung zum Decken
Das oberste züchterische Ziel, aus jeder Zuchtstute jährlich ein gesundes Fohlen aufziehen, setzt einige wichtige Grundkenntnisse über den Geburtsverlauf bei Stuten voraus. Ein Beitrag dazu von Dr. Göbel, Tierärztliche Klinik für Pferde in Mühlen.

 

Bei der Vorbereitung hochtragender Stuten zum Abfohlen sind folgende Punkte zu beachten:

Geburt 2Die Stuten sollten schon mindestens 8 – 12 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin in ihren zukünftigen Abfohlboxen untergebracht werden. Das mütterliche Immunsystem bekommt in diesem Zeitraum Gelegenheit, sich mit den stallspezifischen Keimen auseinanderzusetzen und entsprechende Abwehrstoffe (Immunglobuline) zu bilden, um sie postpartal über die Muttermilch in das Fohlen weiterzugeben. Die Fütterung der Stuten sollte in den letzten drei Trächtigkeitswochen bereits durch steigende Kraftfuttermengen intensiviert werden, um den höheren Anforderungen an den Stoffwechsel während der Laktation gerecht zu werden. Auf eine ausreichende Mineralstoff- und Vitaminversorgung der Stuten ist selbstverständlich zu achten. Ausreichende Bewegungsmöglichkeiten, gutes Stallklima, trockene Einstreu sowie gute Grundfutterqualitäten sollten bei der Geburtsvorbereitung nicht fehlen.

Alarm auslösen

Die größte Schwierigkeit für die Züchter besteht darin, den exakten Geburtstermin zu ermitteln. Mehrere verschiedene Geburtsüberwachungssysteme werden kommerziell angeboten: Die Installation von Videokameras in den Abfohlboxen ermöglicht den Besitzern, die Stuten am Bildschirm von der Wohnung aus zu beobachten. Größter Nachteil dieses Systems besteht darin, daß das Videogerät ständig überwacht werden muß, um den Geburtszeitpunkt nicht zu verpassen. Die sogenannten Wächtomaten registrieren den Schweißausbruch der Stuten bei der Geburt und lösen dadurch Alarm aus. Fehlalarme sind durch nicht geburtsbedingte oder durch fehlende Schweißausbrüche zu erklären. Die größte Sicherheit bietet das HECO Fohlenalarmsystem, das seit 1990 in Deutschland eingesetzt wird. Das Gerät besteht aus einem Sender, der vom Tierarzt unter örtlicher Betäubung an den beiden Schamlippen der Stute eingenäht wird sowie einem zugehörigen Empfangsteil, der mit einem Alarmsystem gekoppelt ist. Erst beim Durchtritt der Fruchtblase oder des Fohlens durch die Vulva werden vom Sender Signale eingesendet und der Alarm ausgelöst. Die Anzeichen einer nahenden Geburt sollten trotz aller technischen Maßnahmen vom Züchter erkannt werden. Dazu zählen das Aufeuter, das Einfallen der Beckenbänder sowie das Anschwellen der Vulva. Die Ausbildung von Harztropfen werden als Zeichen der unmittelbar bevorstehenden Geburt gewertet. Der gesamte Geburtsvorgang kann in eine passive und eine aktive Phase unterteilt werden.

Die Geburt beginnt

Geburt 1In der passiven Phase der Geburt verliert der innere Muttermund seine Verschlußfunktion. Der Beginn der aktiven Phase, der durch das Einsetzen der Wehen gekennzeichnet ist, wird als Öffnungsstadium bezeichnet. Es dauert bei der Stute bis zu zwei Stunden.

Während dieser Zeit können kolikähnliche Erscheinungen auftreten, die von Schweißausbrüchen in der Hals- und Rumpfgegend begleitet sind. Gegen Ende des Öffnungsstadiums erscheint in der Vulva die Allantoisblase. Mit dem Bersten der Fruchtblase und dem schwallartigen Abfluß des größten Teiles des Fruchtwassers beginnt das Austreibungsstadium.

Sollte die Fruchtblase allerdings 10 Minuten nach ihrem Erscheinen noch nicht geplatzt sein, ist es ratsam, sie vorsichtig zu öffnen. Die Besitzer sollten jedoch vor jeglichen Manipulationen und Eingriffen in den Geburtsablauf das äußere Genitale gründlich reinigen und den Schweif einbandagieren. Die stürmisch verlaufende Austreibungsphase (Sturzgeburt) ist bei der Stute durch heftige Wehentätigkeit und Bauchpressenstöße gekennzeichnet. Bei der normalen Geburt erscheinen zuerst die leicht gekreuzten Vorderfüße mit ihren Sohlenflächen nach unten. Die Nüstern sollten den Vorderfußwurzelgelenken oben aufliegen. Sobald die Schulter ausgetreten ist, setzt die Wehentätigkeit meist für einen Moment aus. Während dieser Zeit sollten die Nüstern des Fohlens unbedingt von Eihüllen und Schleim befreit werden. Durch die nächsten Bauchpressenstöße wird die Austreibungsphase beendet.

Nabel desinfizieren

Um einen Blutrückfluß von der Plazenta zum Fohlen zu gewährleisten, sollte der Nabelstrang zunächst intakt gelassen werden. Erst durch das Aufstehen der Stute oder die Bewegungen des Fohlens wird der Nabelstrang an der präformierten Stelle reißen. Der Nabel des neugeborenen Fohlens sollte unmittelbar nach der Geburt mit Jodlösung desinfiziert werden. Ein normal entwickeltes Fohlen kommt innerhalb der ersten zwei Lebensstunden zum Stehen und innerhalb der nächsten zwei Stunden beginnt es am Euter zu saugen. Um einen raschen Abgang des Darmpechs zu gewährleisten, kann in den ersten Lebensstunden ein Klistier verabreicht werden. Besonders wichtig ist dies bei Hengstfohlen, die wegen ihres engeren Beckendurchmessers häufiger zum Darmpechverhalten neigen als Stutfohlen. Der Abgang der Nachgeburt erfolgt normalerweise in einem Zeitraum von wenigen Minuten bis hin zu vier Stunden nach der Geburt. Wird diese Zeit überschritten, ist sofortige tierärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zur Fohlenlähmeprophylaxe hat sich in den letzten Jahren ein neues Verfahren, der CITE-Test, durchgesetzt. 24 bis 36 Stunden nach der Geburt wird vom Tierarzt eine Blutprobe bei dem Fohlen entnommen und mit einem unkompliziert im Stall durchführbaren Testsystem auf ihren Antikörpergehalt untersucht.

Zu wenig Antikörper?

Der Immunglobulingehalt (IgG) eines gesundes Fohlens liegt bei mindestens 800 mg/dl Blut. Nur wenn dieser Wert durch genügende Aufnahme von antikörperreicher  Kolostralmilch vorliegt, besitzen die Fohlen ausreichende passive Abwehrkräfte gegen Infektionen in den ersten sechs Lebenswochen. Erst danach entwickelt sich das jugendliche aktive Immunsystem. Unzureichende Antikörpergehalte können folgende Ursachen haben:

  • Lebensschwäche
  • Saugunlust
  • Zu spätes Stehvermögen und zu spätes erstes Trinken am Euter
  • mangelnde Milchproduktion der Stute
  • mangelhafter Antikörpergehalt der Biestmilch bei älteren Stuten und Erstgeburten
  • Abtropfen des Kolostrums bereits vor der Geburt

Bei unzureichendem Immunglobulingehalt der Fohlen werden sofortige tierärztliche Maßnahmen notwendig. Dazu zählen insbesondere die orale Verabreichung hochwertigen Kolostrums, das zumindest in größeren Betrieben immer tiefgefroren vorrätig sein sollte sowie die intravenöse Übertragung von Blutplasma eines gesundes Pferdes aus der gleichen Stallabteilung. Nach erfolgter Therapie ist die wiederholte CITE-Test-Kontrolle bis zum Erreichen das ausreichenden IgG Wertes erforderlich. Nur bei einem derart konsequent durchgeführten Schema besitzen auch Problemfohlen eine reelle Überlebenschance.

Tupferprobe

Bei Stuten mit gesundem Fohlen bei Fuß sind zur Deckvorbereitung keine weiteren Maßnahmen notwendig. Stuten, die ein gesundes Fohlen bei Fuß führen, benötigen für die erneute Bedeckung oder Besamung gesetzlich keine Tupferprobe. Eine routinemäßige gynäkologische Untersuchung zu Beginn der Fohlenrosse ist dringend empfehlenswert. Dadurch kann entschieden werden, ob bereits die Fohlenrosse oder erst die nachfolgenden Rossen zur Bedeckung oder Besamung genutzt werden sollen. Kontrolltupferproben in der zweiten Rosse dienen auch bei Fohlenstuten der Sicherheit für den Züchter, ob sich die Stuten in einem konzeptionsfähigen Zustand befinden. Güst gebliebene Stuten müssen dagegen in jedem Fall getupfert werden und einer gründlichen gynäkologischen Untersuchung unterzogen werden. Bei diesen Stuten empfiehlt sich eine sogenannte Herbstuntersuchung mit entsprechender Behandlung, damit sie sich im Frühjahr bereits in einem gynäkologisch gesunden Zustand befinden.

 

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